Mittwoch, 19. September 2018

Freudiges Wiedersehen mit dem Gerenpass

Nach dem unvergesslichen Besuch des Gerenpasses (2'671m) im Herbst 2014, zog es uns schon lange wieder in dieses einzigartige Gebiet. Wir wollten den Zeitpunkt erwischen, an welchem der See des Chüebodengletschers aufzutauen beginnt. Dafür errechneten wir die letzte Woche des Julis und die erste des Augustes. Per Zufall meldete sich noch unser Fotofreund, Roli Gerth, ob er uns einmal auf den Gerenpass begleiten dürfe. Sofort machten wir den Termin ab und trafen uns an der Nufenenpassstrasse.

Es war ein wundervoller, warmer Herbsttag und wir wanderten zuerst in Richtung der Pianseccohütte (SAC). Von da nahmen wir den steilen, praktisch weglosen Aufstieg in Richtung Pass in Angriff. Mit den schweren Biwak- und Fotoausrüstungen in den Rucksäcken gar kein einfaches Unterfangen. Zudem war oben im Moränenschutt eigentlich gar keine Spur mehr auszumachen. So verliessen wir uns auf die spärlichen Steinmännchen. Mit grosser Anstrengung erreichten wir jedoch schweissüberstgrömt den Pass und mussten zuerst einmal nur staunen. Vor uns lag der langsam auftauende Gletschersee, übersäht von türkisblauen Pools. Was für eine Märchenwelt! 

Auch unsere zwei, das letzte Mal freigeschaufelten Biwakplätzchen, fanden wir sofort wieder. Was für ein schönes Wiedersehen. Auch Roli war begeistert und so stellten wir zuerst unsere Zelte auf. Wir waren unglaublich dankbar für unsere neue, leichte Ausrüstung von Hersteller Exped. Das Zelt passte haargenau auf die ebene Fläche zwischen den Felsbrocken und es sah schon bald sehr gemütlich aus.

Danach brachen wir auf, zur Umrundung des Sees. Zuerst ging's über den von Schmelzwasser überzogenen Gletscher bis gegen Passio di Manió (2'713m), dann ans Nordufer, wo wir über die abgeschliffenen Felsrücken kraxelten. Am Ufer des Sees fanden wir einen prächtigen, türkisblauen Pool, welchen wir fotografisch eingehend dokumentierten. Für das Abendrot kletterten wir dann hoch, an die Südwestflanke des Chüebodenhorns, bis wir das ganze Gebiet überblicken konnten. Wahnsinn, wie viel kleiner der Gletscher in den vergangenen vier Jahren geworden ist.

Es folgte eine unglaublich intensive, glühende Abendstimmung und wir kamen aus dem Jubeln nicht mehr heraus. Erst in der Dämmerung stiegen wir dann wieder steil gegen das Biwakplätzchen auf dem Pass ab, trafen uns mit Roli, welcher sich intensiver der Gletscherperspektive widmete und beim Einnachten sanken wir überglücklich in unsere Schlafsäcke.

Um 05:00 Uhr klingelte bereits wieder der Wecker, nachdem in der Nacht plötzlich der Wind an den Zelten zu rütteln begonnen hatte. Als wir die Köpfe hinaus in die frische Morgenluft streckten, konnten wir nur dichten Nebel erkennen. Das war so nicht geplant. Roli war jedoch schon bereit zum Fotografieren und wir zogen uns noch einmal kurz ins Zelt zurück, bis er uns zurief: "Nebel lichtet sich!" Nun ging alles schnell und wir standen nullkommanichts mit unseren Stativen am Ufer des Sees bereit. Es folgte eine unglaubliche, Nebel-, Wolken- und Morgenstimmung. Wow! So werden wir diese Landschaft da oben wohl nie mehr zu Gesicht bekommen.

Im Verlaufe des Vormittags packten wir dann unsere sieben Sachen zusammen, selbstverständlich ohne jegliche Spuren zu hinterlassen, und machten uns auf den langen beschwerlichen Rückweg. In der Pianseccohütte gönnten wir uns einen kurzen Zwischenhalt mit kalter Schokolade und dann gings zurück in Richtung der lärmigen Nufenenpassstrasse. Wir sind dankbar, für dieses einzigartige Erlebnis und wer weiss, vielleicht werden wir noch ein drittes Mal wiederkommen, denn die Einsamkeit und die Landschaft um den Chüebodengletscher sind etwas ganz Besonderes.

Danke, lieber Roli, für Deine Angenehme und auch geduldige Begleitung!

TOURDATEN
Aufstieg: 996m
Abstieg: 996m
Strecke: 13km
Reine Wanderzeit: 5,5h
Tiefster Punkt: 2'099 M.ü.M. (Kurve an der Nufenenpassstrasse)
Höchster Punkt: 2'700m M.ü.M. (Chüebodengletscher)
Schwierigkeit: T4
Swisstopo Karte: 1:25:000, Blatt 1251, Val Bedretto
Beste Wanderzeit: Juli-September
Unser Tourdatum: 29.-30.07.2018
Besonderes: Bei einem Tagesausflug kann auch in der Pianseccohütte übernachtet werden. Der Aufstieg zum Gerenpass ist auch vom Gerental (VS) möglich, gestaltet sich jedoch streckenmässig noch länger.








 








Sonntag, 9. September 2018

Die Jöriseen: kleines Bergparadies auf Erden

Von unserem Fotofreund, Roli Gerth, haben wir letztes Jahr einen wertvollen Ausflugstipp bekommen, welcher uns rundum begeistert hat. So fanden wir eine der wohl schönsten Alpenlandschaften der Schweiz: die Jöriseen. Dabei handelt es sich um eine Ansammlung von verschiedenfarbigen und -grossen Bergseelein im Gebiet des Flüelapasses (GR). Vor lauter Begeisterung haben wir das Gebiet diesen Sommer gleich zweimal besucht und genossen jeweils ein Biwak, mit dem neuen Material von unserem Ausrüster Exped.

Beim ersten Mal erreichten wir die Seen über die Winterlücke (2'784m). Da oben lag Mitte Juli noch sehr viel Schnee, sodass die obersten, kleinen Seelein gerade erst im Auftauen begriffen waren. Hübsche, rote Schneealgen schmückten die sonst blütenweissen Flächen. Als wir dann das erste Mal hinunter auf den grössten der Seen blickten, wagten wir uns vor lauter Ehrfurcht beinahe nicht mehr zu sprechen. Was für eine türkisblaue Perle! Bald fanden wir unten ein wunderschönes, ebenes Plätzchen für unser Biwak und erkundeten das Ufer des Sees ausgiebig. Leider klappte es jedoch bei diesem Besuch mit der Abend- und Morgenstimmung nicht so recht. Zu viele Wolken bedeckten den Himmel. Schön war's trotzdem. Zwischendurch kamen wir uns vor wie im fernen Island und wir waren uns sicher, bald wieder zu kommen. Bevor wir das Gebiet über die Jöriflüelafurgga (2'722m) wieder verliessen, blickten wir noch einmal zurück und waren überglücklich.

Beim zweiten Versuch, Anfang August, stimmte einfach alles. Diesmal gelangten wir hin und zurück über die Jöriflüelafurgga zu den Seen. Immer noch blühten überall hübsche Bergblumen und auch das Wollgras stand nun in voller Blüte. Was für eine Pracht. Dabei fanden wir sogar einen kugelrunden Kreis von Wollgras, welchen wir mit unserer neuen Drohne, der Parrot Anafi, auch aus der Luft dokumentieren konnten. Die Schönheit des Gebietes ist nur schwer zu übertreffen, denn hier gibt es keine Alpwirtschaft, keine Strassen, keine Stromleitungen und keine Stauseen. Etwas Einzigartiges in unserem eng gewordenen Land.

Auch mit der Abendstimmung klappte es diesmal perfekt und eine letzte Gewitterwolke begann kurz vor der Dämmerung noch einmal richtig intensiv rot zu leuchten. Am Morgen bedeckten dann wieder zu viele Wolken den Himmel, dafür zauberte später das Morgenlicht warme Farben auf die Landschaft. Schweren Herzens nahmen wir später wiederum Abschied von diesem kleinen Bergparadies.

Selbst wenn tagsüber sehr viele Wanderer die Seen besuchen (wir fanden an der Passstrasse beinahe keinen Parkplatz mehr), so waren wir während den Abend- und Nachtstunden beinahe ganz alleine. Es herrschte eine wohltuende Stille und wir verhielten uns im Gebiet äusserst achtsam, ohne jegliche Spuren zu hinterlassen.

TOURDATEN
Aufstieg: 917m
Abstieg: 917m

Strecke: 11,0km
Reine Wanderzeit: 4,5h

Start- und Endpunkt: Parkplatz Wägerhütta Passtrasse
Tiefster Punkt: 2'206 M.ü.M. (Parkplatz Sfazu)
Höchster Punkt: 2'785 M.ü.M. (Winterlücke)
Schwierigkeit: T3
Swisstopo Karte: 1:25‘000, Blatt 1197, Davos
Beste Wanderzeit: Juli-Oktober

Unsere Tourdaten: 09.+10.07.2018 / 05.+06.08.18
Besonderes: Unterwegs gibt es keinerlei Verpflegungsmöglichkeiten. An den beiden Pässen sind kurze, ausgesetzte Stellen zu überwinden.