Mittwoch, 30. November 2022

Kleines Moorjuwel an der Grimsel

Einen bunten Vorgeschmack auf den Herbst, gibt es für uns bereits im September. Wir wollen an diesem Tag nur einen kleinen Ausflug machen und an der Grimsel ein Moor erkunden, welches wir vor einiger Zeit anhand des Satellitenbildes gefunden haben. Auf dem Bild ist auch ganz deutlich ein Trampelpfad zu erkennen, sodass wir die kurze Wanderung zusammen mit Carmen gut bewältigen können.

Wir starten an der Strasse in der Nähe des Räterichbodenstausees, versuchen möglichst gut am Baustellenverkehr der neuen Spitallammstaumauer vorbeizukommen und wandern dann auf dem alten Säumerweg. Wer da wohl früher schon alles mit Maultieren durchmarschiert sein muss? Eindrücklich! Carmen hat gute Laune und wir kommen schön vorwärts. An den schroffen Granitgraten um uns haben sich hübsche Quellwolken gebildet. Kurz nach der Abzweigung auf den Trampelpfad folgt auch schon das erste, wunderschöne Plätzchen auf einem doch recht ausgedehnten Moorplateau. Hier gibt es kleine Wasserläufe, blutrot verfärbte Heidelbeerstauden, gedrungene Kiefern und goldene Gräser zu bewundern. Wir beschliessen, auf dem Rückweg noch einmal hier zu verweilen. Doch nun sind wir sehr gespannt auf die grösseren Moorseen zwischen den vom Aaregletscher geschliffenen Felsrücken.

Schon bald haben wir ein Plätzchen zum Verweilen gefunden. Es befindet sich tatsächlich schön verborgen hinter den von niederen Kiefern überwachsenen Felsen und bietet einen prächtigen Blick auf die umliegenden, typischen Grimselfelszähne. Das dunkle Moorwasser bietet einen schönen Kontrast zum goldenen Moorgras. Carmen und Sandra setzen sich an die warme Sonne und dösen ein Wenig vor sich hin, während sich mit meiner Kamera das Gebiet näher erkunde und dabei wundervolle Herbstdetails finde. Alles wirkt wie ein sorgfältig arrangierter Garten. Doch die Gärtnerin hier ist Mutter Natur und sie macht es definitiv am besten. Kaum zu glauben, aber so nahe von Passstrasse und Wasserkraftanlagen herrscht hier absolute Stille und ist nichts von der Zivilisation zu sehen. Eine Wohltat für die Seele.

Nach über einer Stunde machen wir uns wieder auf den Rückweg, ohne natürlich den geplanten Zwischenhalt in den Heidelbeeren zu vergessen. Hier kann sich die kleine Carmen nun den Magen mit den überreifen Beeren vollschlagen. Wir schlemmen bis wir alle drei schwarze Zungen haben. Dann geht's auf dem Säumerpfad zurück zur Passstrasse. Manchmal muss es nicht eine weite Tour sein um absolutes Glück zu finden. Wir erfreuen uns heute noch an unserer hübschen Moorentdeckung.

Nachfolgend beschreiben wir eine sehr schöne, gut machbare Passage des Säumerpfads von der Handegg bis zum Hotel auf dem Nollen. Entlang des Weges gibt es diverse Moore zu sehen.

TOURDATEN (Säumerpfad von Handegg auf den Nollen)
Aufstieg: 580m
Abstieg: 20m
Strecke: 5,5km
Reine Wanderzeit: 1,5h
Tiefster Punkt: 1'400 M.ü.M. (Handegg)
Höchster Punkt: 1'980 M.ü.M. (Spittelnollen)
Schwierigkeit: T2
Swisstopo Karte: 1:25:000, Blatt 1230, Guttannen
Beste Wanderzeit: Juni-Oktober
Unser Tourdatum: 19.09.2022
Besonderes: Kurz nach Handegg findet sich bergseitig eine Höhle und etwas später der imposante Säumerstein. Der Räterichbodensee wird westlich umwandert.













Donnerstag, 3. November 2022

Ein erneutes Wiedersehen mit dem Gerenpass / Chüebodengletscher

Wer hätte 2014, als wir zum ersten Mal zum Gerenpass (2'670m) hochstiegen, gedacht, dass dieses Gebiet einmal ein so berühmter Fotospot werden würde? Damals haben wir in mühseliger Handarbeit noch zwei Biwakplätze von Felsbrocken befreit, um überhaupt da oben übernachten zu können. Mittlerweile tummeln sich auf dem Pass pure Massen von Tagesausflüglern, Naturfotografen und ist man auch in der Nacht nur noch selten allein.

Zum letzten Mal haben wir den Gerenpass und den Chüebodengletscher im Jahr 2018 aufgesucht. In diesem September ist die Neugierde gross genug, um den Ort wieder einmal zu besuchen. Diesmal nehmen Andi Wipf und ich (Stef) die Route von All' Aqua in Angriff. Bei schönstem Wetter steigen wir steil zur Pianseccohütte auf. Die Sonne brennt in die Südflanke, welche über der Waldgrenze immer unwegsamer und "gerölliger" wird. Erste, bunte Herbstfarben verzaubern uns. Der Aufstieg zehrt jedoch an den Kräften. Weit oben treffen wir noch auf eine blutende, gestürzte Wandrerin und versuchen ihr erste Hilfe zu leisten. Sie ist hingefallen, weiss nicht mehr wie das passiert ist und hat Glück gehabt, nicht durch das steile Geröllfeld abgestürzt zu sein. Junge Wanderer kommen uns von oben entgegen und übernehmen den Fall. Später erfahren wir, dass es sich um eine ältere Eisschwimmerin handelt, welche regelmässig hier oben badet! Selbst müssen wir stets aufpassen, dass uns die schweren Rucksäcke nicht rückwärts überziehen.

Jetzt, am Nachmittag kommen uns von oben immer mehr Leute entgegen, teilweise mit zweifelhafter Ausrüstung und sogar mit Kleinkindern im Rucksack! Ausser Atmen kommen wir endlich oben an und staunen nicht schlecht. Riesige Eisberge bedecken den See des Chüebodengletschers. Wow! Dass es so etwas bei uns in der Schweiz gibt! Gerade verlassen die letzten Tagesausflügler den Pass und wir stellen unsere schweren Rucksäcke ab. Später erfahren wir, dass gerade vor wenigen Tagen wieder ein riesiger Teil des Gletschers unterspült wurde und die Eisberge tosend ins Wasser abbrachen. Was für ein Glück für uns. Am Nachmittag befindet sich die Szenerie aber leider im Gegenlicht, also mehr zum Staunen als zum Fotografieren. Wir stellen schonmal unser Biwakzelt auf und machen es uns gemütlich. Wahnsinn, was im Vergleich zum Jahr 2014 noch vom Gletscher übriggeblieben ist. Man kann sagen, es ist nur noch ein "Nichts". (Siehe untenstehendes Vergleichsfoto aus dem Jahr 2014, mit dem glühenden Himmel.)

Gegen Abend sind wir doch tatsächlich alleine hier oben, kraxeln an der Südflanke des Chüebodenhorns etwas höher und verschaffen uns einen besseren Überblick. Dabei entstehen einige schöne Stimmungsfotos, leider jedoch ohne Wolkenstimmung. So fotografieren wir bis zum Einnachten, bevor wir uns ins gemütliche Zelt legen und friedlich, völlig in der Stille und Einsamkeit, einschlafen.

Am nächsten Morgen sind wir bereits wieder früh um und auf dem Gletscher unterwegs. Andi will noch auf's Chüebodenhorn (3'070m) steigen und ich widme mich zwischenzeitlich ganz der aufgehenden Sonne mit den Eisbergen. Die Bildgestaltung ist recht herausfordernd mit den Schatten und den dicht aneinander liegenden Eisbergen. Das offene Wasser ist über Nacht zugefroren: also doch eine rechte Kälte hier oben. Bis gegen Mittag dokumentieren wir das Gebiet um den sterbenden Gletscher, bevor wir unser Lager abbauen und müde, aber glücklich wieder gegen Piansecco absteigen. Wiederum gilt es Acht darauf zu geben, dass man nicht hinfällt. Unterwegs kommen uns diverse Wanderer und Fotografen entgegen. Nach einer Rast und einem Imbiss in der neuen, wunderschönen Pianseccohütte, machen wir uns dann auf den Heimweg.

Wir wissen nicht, ob wir noch einmal an diesen Ort kommen wollen oder können. Viele schöne Erinnerungen an das "Island der Schweiz" werden wir jedoch immer in unseren Herzen tragen.

TOURDATEN
Aufstieg: 1'060m
Abstieg: 1'060m
Strecke: 7km
Reine Wanderzeit: 4,0h
Tiefster Punkt: 1'612 M.ü.M. (All' Aqua)
Höchster Punkt: 2'700 M.ü.M. (Chüebodengletscher)
Schwierigkeit: T4
Swisstopo Karte: 1:25:000, Blatt 1251, Val Bedretto
Beste Wanderzeit: Juli-September
Unser Tourdatum: 11.-12.09.2022
Besonderes: Es gibt jetzt sogar ein spannendes Büchlein von Giovanni Kappenberger (Glaziologe) über den Chüebodengletscher. Momentan ist es nur auf Italienisch verfügbar, ist jedoch in Kürze auch in Deutsch zu haben.