Es war ein wundervoller, warmer Herbsttag und wir wanderten zuerst in Richtung der Pianseccohütte (SAC). Von da nahmen wir den steilen, praktisch weglosen Aufstieg in Richtung Pass in Angriff. Mit den schweren Biwak- und Fotoausrüstungen in den Rucksäcken gar kein einfaches Unterfangen. Zudem war oben im Moränenschutt eigentlich gar keine Spur mehr auszumachen. So verliessen wir uns auf die spärlichen Steinmännchen. Mit grosser Anstrengung erreichten wir jedoch schweissüberstgrömt den Pass und mussten zuerst einmal nur staunen. Vor uns lag der langsam auftauende Gletschersee, übersäht von türkisblauen Pools. Was für eine Märchenwelt!
Auch unsere zwei, das letzte Mal freigeschaufelten Biwakplätzchen, fanden wir sofort wieder. Was für ein schönes Wiedersehen. Auch Roli war begeistert und so stellten wir zuerst unsere Zelte auf. Wir waren unglaublich dankbar für unsere neue, leichte Ausrüstung von Hersteller Exped. Das Zelt passte haargenau auf die ebene Fläche zwischen den Felsbrocken und es sah schon bald sehr gemütlich aus.
Danach brachen wir auf, zur Umrundung des Sees. Zuerst ging's über den von Schmelzwasser überzogenen Gletscher bis gegen Passio di Manió (2'713m), dann ans Nordufer, wo wir über die abgeschliffenen Felsrücken kraxelten. Am Ufer des Sees fanden wir einen prächtigen, türkisblauen Pool, welchen wir fotografisch eingehend dokumentierten. Für das Abendrot kletterten wir dann hoch, an die Südwestflanke des Chüebodenhorns, bis wir das ganze Gebiet überblicken konnten. Wahnsinn, wie viel kleiner der Gletscher in den vergangenen vier Jahren geworden ist.
Es folgte eine unglaublich intensive, glühende Abendstimmung und wir kamen aus dem Jubeln nicht mehr heraus. Erst in der Dämmerung stiegen wir dann wieder steil gegen das Biwakplätzchen auf dem Pass ab, trafen uns mit Roli, welcher sich intensiver der Gletscherperspektive widmete und beim Einnachten sanken wir überglücklich in unsere Schlafsäcke.
Um 05:00 Uhr klingelte bereits wieder der Wecker, nachdem in der Nacht plötzlich der Wind an den Zelten zu rütteln begonnen hatte. Als wir die Köpfe hinaus in die frische Morgenluft streckten, konnten wir nur dichten Nebel erkennen. Das war so nicht geplant. Roli war jedoch schon bereit zum Fotografieren und wir zogen uns noch einmal kurz ins Zelt zurück, bis er uns zurief: "Nebel lichtet sich!" Nun ging alles schnell und wir standen nullkommanichts mit unseren Stativen am Ufer des Sees bereit. Es folgte eine unglaubliche, Nebel-, Wolken- und Morgenstimmung. Wow! So werden wir diese Landschaft da oben wohl nie mehr zu Gesicht bekommen.
Im Verlaufe des Vormittags packten wir dann unsere sieben Sachen zusammen, selbstverständlich ohne jegliche Spuren zu hinterlassen, und machten uns auf den langen beschwerlichen Rückweg. In der Pianseccohütte gönnten wir uns einen kurzen Zwischenhalt mit kalter Schokolade und dann gings zurück in Richtung der lärmigen Nufenenpassstrasse. Wir sind dankbar, für dieses einzigartige Erlebnis und wer weiss, vielleicht werden wir noch ein drittes Mal wiederkommen, denn die Einsamkeit und die Landschaft um den Chüebodengletscher sind etwas ganz Besonderes.
Danke, lieber Roli, für Deine Angenehme und auch geduldige Begleitung!
TOURDATEN
Aufstieg: 996m
Abstieg: 996m
Strecke: 13km
Reine Wanderzeit: 5,5h
Tiefster Punkt: 2'099 M.ü.M. (Kurve an der Nufenenpassstrasse)
Höchster Punkt: 2'700m M.ü.M. (Chüebodengletscher)
Schwierigkeit: T4
Swisstopo Karte: 1:25:000, Blatt 1251, Val Bedretto
Beste Wanderzeit: Juli-September
Unser Tourdatum: 29.-30.07.2018
Besonderes: Bei einem Tagesausflug kann auch in der Pianseccohütte übernachtet werden. Der Aufstieg zum Gerenpass ist auch vom Gerental (VS) möglich, gestaltet sich jedoch streckenmässig noch länger.
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